Unruhe, Hyperaktivität, Stress, Konzentrationsschwäche und Aggressivität sind heute bei Kindern an der Tagesordnung. Wie können sie lernen, wieder zur Ruhe zu finden, einen Ausgleich zu schaffen zwischen Anspannung und Entspannung? Einfache Entspannungsübungen können dazu verhelfen.
Wir leben in einer hektischen und unruhigen Umwelt, voll von visuellen und auditiven Reizen. Das alles will verarbeitet werden. Daher sind Ruhezeiten und Bewegungszeiten wichtig. So kann ein Kind körperlich und geistig gesund bleiben und sich positiv weiterentwickeln. Der Wechsel von Bewegung und Ruhe und das Erlernen von Techniken zur Entspannung können schon im Kindergarten und in der Schule integriert werden.
Ob Fantasiereisen, Entspannung durch Bewegung oder Gestalten von Mandalas: Entspannungsübungen eignen sich neben dem Unterrichtsalltag auch für die Entspannung zu Hause.

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Was ist Entspannung?
Entspannung bedeutet, gedanklich und gefühlsmäßig, aber auch körperlich zur Ruhe zu kommen. Der menschliche Organismus unterliegt einer elementaren rhythmischen Ordnung, so atmen wir beispielsweise rhythmisch ein und aus, unser Herz schlägt rhythmisch im Takt. Wenn wir innerlich im Gleichgewicht sind, fühlen wir uns ruhig und kraftvoll. In solchen Augenblicken sind wir optimal entspannt.
Warum Entspannung?
Entspannung ist wichtig für:
- die allgemeine Kräftigung und Steigerung der körperlichen Abwehrkräfte
- die Feinkoordination von Muskeln und Bewegungen
- die Regeneration des Nervensystems
- die Stärkung des Konzentrationsvermögens
- die Förderung der Kreativität und Fantasie
- die Selbsterfahrung (Was geschieht in meinem Körper?, Was für Gefühle kommen in welchen Zusammenhängen in mir auf?)
- die Entwicklung des Einfühlungsvermögens in andere Menschen und Lebewesen
- das Selbstvertrauen
- die Stärkung des inneren Gleichgewichts
Grundsätzliches zu Entspannungsübungen
Einfache Atemübungen fördern im Kind einen ruhigen und tiefen Atemrhythmus. Damit lässt es sich auch durch Aufregung und Stress nicht so leicht aus der Ruhe bringen.
Durch Entspannungsübungen lernt das Kind, sich besser auf die momentane Situation zu konzentrieren und sich nicht so leicht durch Nebengedanken ablenken zu lassen.
Bei Ruhe- und Stilleübungen nimmt das Kind sich und die Signale des Körpers, die Gefühle und die Gedanken bewusster wahr. Es lernt sich dadurch immer besser kennen.
Das Wiederholen der Übungen schenkt dem Kind Erfolgserlebnisse und zunehmendes Selbstvertrauen.
Längeres Verweilen in den einzelnen Körperhaltungen gibt dem Kind eine feinere Wahrnehmung der körperlichen, emotionalen und geistigen Vorgänge.
Bei Fantasiereisen wird das Kind durch das Anregen seiner inneren Bilder in die Geschichte mit einbezogen. Durch die Identifikation mit einer Hauptfigur wird es aufgefordert, mit dieser Ruhe und Entspannung zu fühlen.
Wichtige Vorbereitungen
Die Gruppe
Jedes Kind ist ein Individuum und jede Gruppe hat ihre eigene Dynamik. Zunächst können Schnupperstunden bzw. -einheiten angeboten werden. Hat sich einmal eine Gruppe gebildet, ist es günstig, wenn sie über einen gewissen Zeitraum konstant bleibt, damit ein Entwicklungsprozess möglich wird. Ist die Entspannungsstunde eingeführt und die Kinder sind neugierig geworden, so kann das Angebot in regelmäßigen Abständen erfolgen.
Wichtig ist immer, dass jedes Kind selbst entscheiden kann, ob es die Entspannungsübung mitmacht oder nicht.
Einbeziehen der Eltern
Werden Entspannungsübungen zum ersten Mal in der Schule oder in der Gruppe durchgeführt, ist es sinnvoll, die Eltern über das Thema „Entspannung“ zu informieren, sei es mit einem Brief oder an einem Elternabend. Es kann auch eine praktische Übungsstunde angeboten werden, an der die Eltern (freiwillig) teilnehmen können.
Der Übungsaufbau
In der Praxis ist es hilfreich und sinnvoll, jede Einheit zur Entspannung in Einleitung, Hauptteil und Schluss zu gliedern.
1. Einleitung
Bei der Einleitung versuchen Sie die Gruppe zusammenzuführen und auf das eigentliche Thema einzustimmen. Dabei müssen die momentanen Stimmungen der Kinder wahrgenommen, eventuelle Störungen beseitigt und Konflikte geklärt werden. Zu Beginn können ritualisierte Handlungen hilfreich sein, beispielsweise immer dieselbe Begrüßung, entspannende Musik, das Anzünden einer Kerze oder einer bestimmten Lampe, z. B. einer Salzkristalllampe. Ist die Gruppe zusammengeführt, leiten Sie durch Fragestellungen, Benennung des Themas, der Übung zum Hauptteil über.
2. Hauptteil
Der Hauptteil ist der Schwerpunkt der Entspannungseinheit. Er wird von Ihnen angeleitet. Je nach Entspannungsform sind verschiedene Vorgehensweisen zu beachten: Die Kinder sollten nicht gezwungen werden, die Augen zu schließen. Achten Sie auf Haltung, Atmung und Konzentration.
Geben Sie den Kindern Signale für Beginn und Ende der Übung oder ihrer Teile durch entsprechende sprachliche Hinweise oder den Klang der Stimme. Sprechen Sie ruhig, langsam und deutlich. Ihre eigene innere Ruhe ist Voraussetzung für eine gelingende Entspannungsübung. Wenn Sie selbst unruhig oder hektisch sind, verschieben Sie die Übung oder wählen Sie eine andere Bewegungs- oder Entspannungsform. Bei Hintergrundmusik darf die Musik die Sprache nicht übertönen.
Passen Sie den Text dem Wortschatz der Kinder an. Geben Sie den Kindern Zeit, um Handlungen und Gehörtes zu verarbeiten und nachzuvollziehen. Setzen Sie Pausen im Text. Die Texte sind entsprechend gegliedert. Beachten Sie Erfahrungen, Umfeld, Erlebnisse und Interessen der Kinder. Berücksichtigen Sie die Anschaulichkeit (Gegenstände, Pflanzen, Elemente).
3. Schluss
Der Schluss rundet die gesamte Einheit ab und beendet die Übung. Der Abschluss benötigt genügend Zeit und Ruhe, damit die Entspannung wirken kann und die Kinder Erfahrungen, Eindrücke und Stimmungen mitnehmen können.
Die Gestaltung orientiert sich am bisherigen Verlauf bzw. an der gewählten Entspannungsform. Nach einer Fantasiereise bietet sich u. a. Malen, ein Gespräch, Bewegung oder Tanz an.
Die erforderliche Zeit kann durch die Kinder bestimmt werden. Es ist ideal, eine großzügige Schlussphase einzubauen. Auch wenn die Zeit begrenzt ist, sollte dieser Teil nie fehlen.
Checkliste
Überlegungen zur Vorbereitung:
- Kommen Sie zur Ruhe und leiten Sie die Übungen aus der eigenen Ruhe heraus selbst an.
- Der Raum sollte ruhig und störungsfrei sein.
- Schaffen Sie eine entspannte Atmosphäre: Gestalten Sie die Mitte mit Kerzen, Teelichtern, Duftlampen, Blumen, bunten Tüchern.
- Stellen Sie die Materialien zusammen: Decken, Unterlagen, Sitzhilfen, CD-Player.
- Achten Sie auf bequeme Kleidung.
- Bieten Sie regelmäßige Entspannungseinheiten: täglich, wöchentlich …
- Erzwingen Sie nichts.
Überlegungen zur Durchführung:
- Beginnen Sie mit kleinen Gruppen.
- Bieten Sie erst kurze Einheiten an und steigern Sie die Dauer langsam.
- Vermeiden Sie plötzliche Unterbrechungen.
- Empfehlen Sie den Kindern, die Augen zu schließen, aber zwingen Sie sie nicht dazu.
- Geben Sie den Kindern ein Signal für den Anfang und das Ende der Entspannungseinheit.
Überlegungen zur Nachbereitung:
- Besprechen Sie mit den Kindern ihre Erlebnisse und Eindrücke.
- Machen Sie Aufzeichnungen über die Entwicklung der Teilnehmenden.
- Reflektieren Sie Ihr Handeln.
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Weitere Tipps zu der Durchführung von Entspannungsreisen, der Raumgestaltung, Musik und weiteren Entspannungsübungen, wie Entspannung durch Bewegung, mit Mandalas zur Ruhe kommen, Atmung, Muskelrelaxation und spielerischer Massage finden Sie in dem SCHUBI Praxisbuch Entspannungsreisen für die Grundschule
© SCHUBI. Der Beitragstext und die Fantasiegeschichte stammen aus dem Praxisbuch Entspannungsreisen für die Grundschule . Autorin: Kira Wagner, Illustrationen: Ulrike Bahl.